Unser Verhalten folgt unserer Haltung

Ein Gastbeitrag von Elke Klinger über „Gesundes Lehren und Lernen (GLL) an der EAH“

„Ein ereignisreiches Jahr“, so beschreibt Prof. Dr.-Ing. Burkhard Schmager das zurückliegende Jahr 2018 aus Sicht des GLL-Projektes. Lehrende und Lernende sitzen in diesem von der AOK PLUS finanzierten EAH-Innovationsprojekt im selben Boot. Jeder auf seine Weise ist konfrontiert mit der Komplexität und Kompliziertheit unserer Zeit, der Dichte und Ballung an Anforderungen, denen es in einer immer enger werdenden Schlagzahl gilt gerecht zu werden.

So sehen sich Lehrende heute verstärkt in der Verantwortung, denen Handwerkszeug an die Hand zu geben, die in wenigen Jahren auf ihren Schultern tragen, was wir verantwortungsvollen Umgang mit jedweder Ressource im Innen und Außen nennen. Um jedoch eine Erkenntnis authentisch zu vermitteln, braucht es zuvor das eigene Erfahren. Und so nennt es Prof. Dr.-Ing. Burkhard Schmager eine „stabile Basis“, die im April 2018 mit der Zertifizierung von zwölf „Achtsamen Hochschullehrenden“ (Grundlagenkurs bestehend aus 12 Seminareinheiten á 90 Minuten sowie 5 Aufbau-Modulen á 1,5 Tagen) an der EAH abgeschlossen wurde. Auf dieser soliden Grundlage gilt es nun weiter aufzubauen. Denn Veränderung braucht Zeit und Neues benötigt Gelegenheit, um seinen Sinn und Wert zu zeigen. So ist es als ein Gelingen anzusehen, dass sich im Fachbereich Wirtschaftsingenieurwesen über die Aktivitäten des GLL-Projektes bereits eine Gruppe von Lehrenden formiert hat, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Elemente des Erlernten in den eigenen Lehrveranstaltungen als aktivierende Lernmethoden einzusetzen.

Unser Verhalten ist eine Folge unserer Haltung, dem eigenen Leben und unseren Mitmenschen gegenüber. Sich selbst wahr-zu-nehmen, in der Vielzahl der eigenen Gedanken und Empfindungen ist eine Grundvoraussetzung, um mit den Menschen in unserem Umfeld authentisch in Kontakt zu treten. Die Achtsamkeit als Teil der Haltung kann hierbei helfen. Dabei geht es keineswegs um Schönfärberei dessen, was man an sich selbst wahrnimmt, sondern vielmehr um die Breite aller inneren Perspektiven, vom Positivsten bis zum Negativsten. Gelangt man hierdurch zu innerer Klarheit, so trägt man zur eigenen Gesunderhaltung bei und begegnet seinem Gegenüber mit einem höheren Maß an Wertschätzung für dessen mitunter vollkommen andere Perspektiven, Meinungen und Bedürfnisse.

So ist es gut, dass neben den Lehrenden auch die Studierenden die Möglichkeit bekamen und davon Gebrauch machten, sowohl im Wintersemester 2017/2018 als auch im Sommersemester 2018 am Mindfulness Based Student Training (MBST) teilzunehmen. Die mit ECTS-Punkten versehenen Lehrveranstaltungen verbinden säkulare Meditationstechniken, Körperwahrnehmungs- und Bewegungsübungen mit Verhaltenstrainings sowie wissenschaftlichen Inputs über Neurobiologie, Stress- und Bewusstseinsforschung. Sie wurden von Prof. Dr. Heiko Haase (BW), Prof. Dr. Mike Sandbothe (SW), Prof. Dr.-Ing. Burkhard Schmager (WI), PD Dr. Reyk Albrecht (FSU Jena) und Dr. med. Bernd Langohr (Jena Achtsamkeit) angeboten.

Somit findet ein Aufeinander-zu-Bewegen aus verschiedenen Bedürfnisrichtungen der Lehrenden und Lernenden statt, was dazu beiträgt, dass ein achtsamer und wertschätzender Umgang zur gemeinsamen Kultur und Lebenshaltung werden kann.

Flankiert wurden die Kurse für Lehrende und Studierende über beide Semester hinweg von den „Achtsamen Mittagspausen“, die in einer Art „Grundrauschen“ das Vertiefen des neu gewonnenen Wissens und Erfahrens ermöglichten. Das ist wichtig, da unsere Gehirne Wiederholungen lieben, um eine Erkenntnis als relevant einzustufen und ins Langzeitgedächtnis Einzug halten zu lassen. Gleichzeitig waren die „Achtsamen Mittagspausen“ immer wieder auch eine Einladung an Interessierte, die sich über das GLL-Projekt informieren möchten.

Ein Höhepunkt, der Höhepunkt, im GLL Jahr 2018? Ich vermag es nicht zu sagen. In jedem Fall kam viel Gutes zusammen, während der Tage des GLL-Inkubationsworkshops 2018 unter dem Titel „Achtsame Erlebnispädagogik“, welcher sich an Lehrende an Thüringer Hochschulen richtete. Aus allen Bereichen und Himmelsrichtungen kamen die Teilnehmenden zusammen, um zu erleben, was Karin Krudup vom Institut für Achtsamkeit in Bielefeld und Prof. Dr. Ulrich Lakemann, Professor für Sozialwissenschaften an der EAH Jena meinen, wenn sie von der „Haltung der Achtsamkeit in Verbindung mit erlebnispädagogischen Methoden“ sprechen. Selbst-Erfahrung war auch hier der Schlüssel zur Selbst-Erkenntnis. Vom Erleben einzelner Aufgabenstellungen, über das sich selbst Wahrnehmen während deren Erledigung, bis hin zum gemeinschaftlichen Reflektieren, um darüber für jeden Einzelnen einen Erkenntnisgewinn in Gang zu setzen, wuchs die Gruppe im Laufe der Woche an sich selbst. So spreche ich gern von einer Welle der Begeisterung, die am Ende der Woche im Rahmen der GLL-Transferwerkstatt den Raum erfüllte. Ideen der Übertragung in den persönlichen (Berufs-)Alltag wurden angeregt und diskutiert, genauso wie Möglichkeiten der Fortführung und Verbreitung.

Wir alle sind konfrontiert damit, auf die Fragen, die uns die Zeit stellt, unsere ganz individuellen Antworten zu finden. Und niemand hat behauptet, dass dies leicht sei. Doch zur eigenen Gesunderhaltung und für das gelingende Miteinander einen eigenverantwortlichen Beitrag zu leisten, an jedem Tag und in die Zukunft gerichtet, ist eine Haltung die uns als Einzelnen und als Gesellschaft voranbringen kann.

Mehr Informationen unter: https://gll.eah-jena.de/

Autorin Elke Klinger, ART-KON-TOR ChangeProzesse / GLL-Projektbegleiterin

Dezember 2018